Hochglanz-Magazin in Zeitlarn: Bürgermeisterin profitiert politisch, aber Alle zahlen dafür!

29. März 2024

Hintergrundinformationen und Fakten zum Artikel „Braucht Zeitlarn ein ,Hochglanz-Magazin?'“ der Mittelbayerischen Zeitung vom 28. März 2024

Harald Zintl, Zeitlarn, langjähriger Leiter der KommunalAkademie Bayern, im Gespräch mit Susanne Staudinger, webmaster von spd-zeitlarn.de

Frage: Seit Februar erscheint das Amts- und Mitteilungsblatt der Gemeinde Zeitlarn in neuer Aufmachung. Warum beschäftigt sich die SPD so intensiv mit diesem Thema? Warum hast du es kürzlich in einem Redaktionsgespräch bei der MZ aufgegriffen?
Antwort: Die Bürgermeisterin nutzt dieses Medium schon immer für ihre ungebremste Selbstinszenierung. Da ist sie im Landkreis Regensburg führend und weit darüber hinaus. In praktisch keiner Ausgabe seit ihrem Amtsantritt wurden ihre Stellvertreter oder die Gemeinderäte anderer Parteien und Gruppierungen auch nur namentlich erwähnt, geschweige denn auf Fotos gezeigt. Die aktuellste Unverschämtheit: In der April-Ausgabe dürfen die Freien Wähler auf der Titelseite ungeniert für ihr „Ostereiersuchen für Kinder“ werben. Das ist ein klarer Missbrauch des Amtsblattes, der nicht hinnehmbar ist. Mit solchen Tricks verschafft sich Frau Dobsch und ihrer Partei, den Freien Wählern, Vorteile gegenüber allen politischen Mitbewerbern. Das schadet der politischen Kultur in unserer Gemeinde.

Frage: Nutzen denn nicht viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ihre Position so aus?
Antwort: Nein! Amts- und Mitteilungsblätter sind fast immer online. Ich empfehle gelegentlich zum Beispiel in die Publikationen unserer Nachbargemeinden Regenstauf und Lappersdorf zu schauen. Die dortigen Bürgermeister der CSU und der FW halten sich in diesem Punkt wohltuend zurück. Natürlich sollen die Gemeinden ihre Bürgerinnen und Bürger regelmäßig mit einem Amts- und Mitteilungsblatt informieren, z. B. über Vorhaben der Verwaltung und Beschlüsse des Gemeinderats und seiner Ausschüsse, über Veranstaltungen örtlicher Vereine, Kirchen und über Bildungsangebote, usw.. Aber die Gemeinden dürfen nicht Alles machen, was sie wollen.

Verstößt das Zeitlarner Amtsblatt gegen ein BGH-Urteil?

Frage: Das Zeitlarner Gemeindeblatt kommt im neuen farbigen Design doch sehr attraktiv daher mit vielen Fotos und Reportagen. Was gibt es daran auszusetzen?
Antwort: Die Ausgaben Februar, März und April 2024 ähneln in Inhalt und Aufmachung Anzeigenblättern oder Illustrierten, also klassischen Presseerzeugnissen. Genau dies aber hat der Bundesgerichtshof (BGH) allen Kommunen bei der Herausgabe ihrer Amts- und Mitteilungsblätter in einem Urteil vom 20. Dezember 2018 ausdrücklich untersagt: „Unzulässig ist eine pressemäßige Berichterstattung über das gesellschaftliche Leben in einer Gemeinde …“ Auf diese Rechtslage bezieht sich das Mitglied der Chefredaktion der MZ, Christian Eckl, in seinem lesenswerten Kommentar zum Artikel und stellt auch das „Gebot der Staatsferne der Presse“, also die Pressefreiheit besonders heraus.

Frau Dobsch führt „Selbstgespräche“

Frage: Herr Eckl merkt süffisant an, dass man in Zeitlarn von diesem Urteil wohl nichts mitbekommen hat. Wen adressiert er damit?
Antwort: Diesen Schuh muss sich Frau Dobsch anziehen. Denn sie trägt als Bürgermeisterin immer die Verantwortung für Inhalt und Gestaltung des Amtsblatts. Dass sie dieses Urteil nicht kennt, kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Hat sie das verschlafen? Wohl nicht! Sie schildert doch in der März-Ausgabe ausführlich, dass die Verwaltung jeden Antrag von Fraktionen und Wählergruppierungen auf ihre Weisung hin gründlichst - auch juristisch - zu prüfen hat. Von diesem Vorgehen berichtet sie übrigens in einem kuriosen Selbstgespräch, in dem allen Ernstes „Frau Dobsch“ die Fragen stellt und „Andrea Dobsch“ darauf antwortet! Dieses Kabinettstückchen können Interessierte auf Seite 17 der März-Ausgabe des Mitteilungsblatts nachlesen.

Frage: Die MZ berichtet auch von erheblich gestiegenen Kosten für unser Amts- und Mitteilungsblatt durch die Vergabe an eine neue Firma. Gibt es dazu konkrete Zahlen?
Antwort: Die Entscheidung über die Neuvergabe eines „Magazins“ – die wortwörtliche Bezeichnung in der Verwaltungsvorlage - erfolgte mit Mehrheit in der nicht-öffentlichen Sitzung des Gemeinderates am 3. August 2023. Dies ist der Niederschrift zu entnehmen, die dem Gemeinderat in der nächsten öffentlichen Sitzung Anfang Oktober vorlag. Konkrete Zahlen finden sich erst im aktuellen Verwaltungshaushalt der Gemeinde auf Seite 7 im Unterabschnitt 0240 „Öffentlichkeitsarbeit“. Dort ist der Ansatz für das Mitteilungsblatt von 30.000 Euro für 2023 auf 75.000 Euro in 2024 gestiegen, also um satte 150 % - immer inklusive Zustellungskosten! Ob das mit dem Grundsatz der „sparsamen Haushaltsführung“ in Artikel 61 der Bayerischen Gemeindeordnung vereinbar ist, darf ernsthaft bezweifelt werden. Kostete eine Ausgabe im letzten Jahr rechnerisch also noch 2.500 Euro, sind dafür nun stolze 6.600 Euro zu zahlen. Diese Summe ergibt sich, wenn die Kosten für die Januar-Ausgabe 2024, der letzten im „alten Stil“, von 75.000 Euro abgezogen werden und der Rest auf 11 Monate aufgeteilt wird.

Frage: Was geben zum Vergleich andere Gemeinden für ihre Amts- und Mitteilungsblätter aus?
Antwort: Die fairste Herangehensweise ist sicher die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner einer Gemeinde, die Auflage und die Ausgaben für ein monatlich erscheinendes Blatt zu vergleichen. Die genannten Beträge enthalten immer auch die Kosten für die Zustellung. Etwa gleich viele Menschen wie in Zeitlarn leben zwar z. B. in Beratzhausen und Tegernheim. Aber in Beratzhausen erscheint das digitale Mitteilungsblatt wöchentlich. Wer es ausgedruckt haben möchte, zahlt dafür eine moderate Zustellgebühr. Das Rathaus in Tegernheim begnügt sich mit nur vier Ausgaben im Jahr. Deshalb noch einmal der Blick nach Regenstauf, der größten Gemeinde im Landkreis Regensburg, und nach Lappersdorf.

Gemeindeblatt kostet Zeitlarn 3 x so viel wie Lappersdorf

Der Regenstaufer Haushalt für 2023 (2024 ist online noch nicht verfügbar) weist für das Mitteilungsblatt mit je über 70 Seiten 28.000 Euro aus. Mit einer Auflage von 8.700 gedruckten Exemplaren werden rund 16.500 Einwohner in Regenstauf erreicht. Eine Ausgabe kostet also rund 2.330 Euro. Die Gemeinde Lappersdorf kommt sogar mit knapp 2.100 Euro pro Monatsblatt aus. Mit 7.000 Exemplaren bedient sie ca. 13.500 Einwohner. Zeitlarns Amts- und Mitteilungsblatt hat eine Auflage von 3000 für rund 5.700 hier lebende Menschen. Eine Ausgabe fällt hier mit 6.600 Euro ins Gewicht! Damit leistet sich Zeitlarn das mit Abstand teuerste Amts- und Mitteilungsblatt im ganzen Landkreis und sicher weit darüber hinaus. Wenn wir nun die oben beschriebene faktische Monopolstellung von Andrea Dobsch in diesem Druckerzeugnis und die exorbitanten Kosten für das neu gestylte „Magazin“ in Beziehung setzen, ist die logische Schlussfolgerung: Die politische Dividende des m.E. völlig überteuerten Amts- und Mitteilungsblatts, das alle Menschen in unserer Heimatgemeinde mitfinanzieren, kassiert ausschließlich die amtierende Bürgermeisterin! Und das sollte beendet werden, spätestens bei der Verabschiedung des Haushaltes 2025.

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